Zur Geschichte der AAG
Schwerpunkt: Das «Konstitutionsproblem»
Quellen und Zitate zur Aufzeichnung vom 20. Juli 2023
Pfingstspruch
Wo Sinneswissen endet,
Da stehet erst die Pforte,
Die Lebenswirklichkeiten
Dem Seelensein eröffnet;
Den Schlüssel schafft die Seele,
Wenn sie in sich erstarkt
Im Kampf, den Weltenmächte
Auf ihrem eignen Grunde
Mit Menschenkräften führen,
Wenn sie durch sich vertreibt
Den Schlaf, der Wissenskräfte
An ihren Sinnesgrenzen
Mit Geistesnacht umhüllet.
GA 272
Aus einem Aufsatz Rudolf Steiners zu «Chymische Hochzeit des Christan Rosenkreutz»
«Im Beginne der Schilderung des zweiten Tages wird auch sogleich darauf hingewiesen, wie ihm [dem Wanderer] die Natur in einer neuen Art erscheint. Aber er soll nicht nur in die Hintergründe der Natur schauen; er soll in die Beweggründe des menschlichen Wollens und Handelns tiefere Blicke tun, als sie dem gewöhnlichen Bewußtsein zuteil werden. Der Darsteller der «Chymischen Hochzeit» will sagen, daß dieses gewöhnliche Bewußtsein nur die Außenseite des Wollens und Handelns kennenlernt, und daß auch die Menschen durch dieses Bewußtsein von ihrem eigenen Wollen und Handeln nur diese Außenseite gewahr werden. Die tiefer liegenden geistigen Impulse, die aus der übersinnlichen Welt heraus in dieses Wollen und Handeln sich ergießen, und die das menschliche soziale Zusammenleben gestalten, bleiben diesem Bewußtsein unbekannt. Der Mensch kann in dem Glauben leben, ein bestimmter Beweggrund führe ihn zu einer Handlung; in Wahrheit ist dieser Beweggrund nur die bewußte Maske für einen unbewußt bleibenden. Insofern die Menschen ihr soziales Zusammenleben nach dem gewöhnlichen Bewußtsein regeln, greifen in dieses Zusammenleben Kräfte ein, die nicht im Sinne der Entwickelung liegen, welche der Menschheit heilsam sind. Diesen Kräften müssen andere entgegengestellt werden, welche durch übersinnliches Bewußtsein erschaut und dem sozialen Wirken einverleibt werden. Zur Erkenntnis solcher Kräfte soll der Wanderer der «Chymischen Hochzeit» geführt werden. Dazu soll er die Menschen durchschauen nach dem Wesen, das wirklich in ihnen lebt, und das ein ganz anderes ist, als das in ihrem Glauben von sich vorhandene, oder das der Stelle entspricht, die sie in der vom gewöhnlichen Bewußtsein bestimmten sozialen Ordnung einnehmen.» (GA 35, S. 349f.)
Machtverhältnisse – Selektion der Schlechtesten
Rudolf Steiner sprach davon, dass gerade in unserer fünften nachatlantischen Kulturepoche etwas reif werden wird, was «dem heutigen Menschen ganz besonders paradox erscheinen muss», etwas was sich jedoch mit aller Gewalt geltend machen wird. Es handelt sich darum, «daß möglich werden wird eine gewisse Lenkung der Menschen nach mehr okkulten Grundsätzen, als jemals die Menschen gelenkt worden sind. Es liegt im allgemeinen Charakter der Entwickelung, daß in dieser fünften nachatlantischen Zeit gewisse Machtverhältnisse, gewisse starke Einfluß Verhältnisse, auf kleine Gruppen von Menschen übergehen müssen, die eine starke Macht haben werden über andere, große Massen.»[1]
Und diese Entwicklung wird dazu führen, dass «diejenigen, die gerade weniger für dieses spirituelle Leben geeignet sind, gewisse Machtverhältnisse an sich reißen können.» Und es käme darauf an, dass Vorsorge getroffen wird, «dass diejenigen, die auf diese Weise zu gewissen Machtimpulsen kommen, die Würdigen seien.»
«Diejenigen, die eigentlich die Herrschenden, die Regierenden sind, sind eine Auslese nicht der Besten: die Zeiten bringen es so mit sich, dass die Besten gerade in der neueren Zeit unten geblieben sind.»[2]
Weihnachtstagung und Gesellschaft im Verständnis der Urvorstände
Bedeutung der spirituellen Erneuerung
Wurde genug erkannt, dass «die spirituelle Erneuerung, die auch das Intellektuelle in das Spirituelle heraufführt, mit dem Ende des 20. Jahrhunderts» eintreten müsse?
«Dass das eintrete, dürfen sich die Menschen des 20. Jahrhunderts nicht verscherzen! Da aber alles heute vom freien Willen abhängt, so hängt, dass dies eintrete – namentlich ob die miteinander verbündeten Parteien [Aristoteliker und Platoniker] herabsteigen können zur Wiederspiritualisierung der Kultur im 20. Jahrhundert -, auch davon ab, ob die Anthroposophische Gesellschaft versteht, im rechten Sinne hingebend die Anthroposophie zu pflegen.»[3]
« Wenn so etwas – da die Menschheit in der neueren Zeit auf Freiheit gestellt werden muss – aus dem freien Menschenwillen heraus unterlassen wird, so sinkt die Waagschale auf die andere Seite hinunter. Dann entlädt sich das, was auf spirituellem Wege hätte erreicht werden können, durch das Blut. Dann entlädt sich das auf eine, ich möchte sagen, überphysische Weise. Es ist nur das Gleichstellen der Waage, was wir in unserer katastrophalen Zeit erleben. Die Menschheit, die zurückgewiesen hat die Spiritualisierung, muss in die Spiritualisierung hineingezwungen werden. Das kann durch eine physische Katastrophe geschehen.»[4]
Hypothetischer Geschichtsverlauf
»Man kann die Geschichte nicht kennenlernen, wenn man nur dasjenige notifiziert, was sich zeigt …Gerade deshalb, weil die Menschen nur sinnliche und Verstandeswissenschaft treiben, niemals fragen: was hätte geschehen können, deshalb können sie die Ereignisse nicht in ihrem wahren Wirklichkeitswert beurteilen, deshalb kommen sie auch dann nicht zu einer Einsicht in den wahren Wirklichkeitswert der Ereignisse.«[5]
Johann Valentin Andreae und der 30jährige Krieg
«Das spirituelle Leben aber muss gerettet werden; das geschieht dadurch, dass Christian Rosenkreutz den Rosenkreuzerorden begründete.»[6]
«Wie auch herumgepfuscht und herumgedoktert wird auf dem Gebiete der sozialen Fragen, all dieses Herumpfuschen und Herumdoktern wird zu nichts führen, ja im Gegenteil, es wird zu noch größerer sozialer Verwirrung führen, als es in einzelnen Gebieten des Erdendaseins schon da ist, wenn nicht anerkannt wird, dass die Einsichten in die sozialen Fragen nur aus der geistigen Erfassung des Weltendaseins kommen können. Die sozialen Fragen müssen geisteswissenschaftlich gelöst werden. Alles übrige ist auf diesen Gebieten Dilettantismus.»[7]
Napoleon Bonaparte (1769 – 1821)
Karl Heyer: «Hiernach hat Napoleon zu den Individualitäten gehört, die nach dem Jahre 1604 (d. h. dem Beginn der im Auftrag des Christian Rosenkreuz erfolgten Mission des Buddha auf dem Mars 070)) vor der irdischen Inkarnation die Marssphäre durchlebt haben. Er habe hierbei den «Auftrag» erhalten’1‘), einen wesentlichen Beitrag zu einer friedlichen Einigung Europas zu leisten. Nun sei das seltene und tragische Ereignis eingetreten, dass Napoleon «im Moment der Inkarnation seinen eigentlichen Auftrag buchstäblich vergessen habe». Die ganz dumpfe, instinktartige Nachwirkung des Auftrags aber habe in ihm nachgewirkt, natürlich aber tragischerweise dazu geführt, dass er in die alten Marsmethoden zurückgefallen sei. Deshalb wurde es sein Bestreben, Europa mit kriegerischen, militärischen Zwangsmitteln zu einigen. Der Verlauf sei ja aus der Geschichte ablesbar. Es sei höchst selten, dass ein solch vollständiges Vergessen einer so bedeutsamen Schicksalsaufgabe vorkomme. …
Ergänzend wurde noch berichtet6S0), Rudolf Steiner habe es als ein grandioses Phänomen charakterisiert, wie in dem Moment, da Napoleon auf dem physischen Plan ankommt, er den eigentlichen Impuls vergißt. Ferner habe Rudolf Steiner zum Ausdruck gebracht, daß wenn Napoleon seinen eigentlichen Auftrag oder Vorsatz nicht «vergessen» hätte, er in einem solchen Sinne in Europa gewirkt hätte, daß dort Verhältnisse entstanden wären, die Voraussetzungen oder etwas wie erste Anfänge der sozialen Dreigliederung bedeutet hätten.»
1840 – 1870 – ein bedeutender Zeitraum
«Wenn Sie 1845 nehmen, 33 Jahre dazurechnen, dann bekommen Sie 1878; da erreichen sie ungefähr dasjenige Jahr, bis zu welchem der Menschheit Zeit gelassen war, sich hineinzufinden in die Realität der Ideen der vierziger Jahre. Das ist in der historischen Entwickelung der neuzeitlichen Menschheit etwas außerordentlich Wichtiges, daß man diese Jahrzehnte ins Auge zu fassen vermag, die da liegen zwischen den vierziger und den siebziger Jahren. Denn über diese Jahrzehnte muß sich der heutige Mensch völlig klarwerden. Er muß sich klarwerden darüber, daß in diesen Jahrzehnten, in den vierziger Jahren, begonnen hat, in abstrakter Form in die Menschenentwickelung einzufließen das, was man liberale Ideen nennt, und daß der Menschheit Zeit gelassen war bis zum Ende der siebziger Jahre, um diese Ideen zu begreifen, diese Ideen an die Wirklichkeiten anzuhängen.»[8]
Zurückweisung des Spirituellen
«Es wäre eine Möglichkeit gewesen, wenn von dem Jahre 1840 ab bis 1914 — welche Zeit durch 1879 in zwei geteilt wird — versucht worden wäre, in einer sachgemäßen Weise vorzubereiten jene Spiritualisierung der Menschheit, welche durch den Erzengel Michael angestrebt wird; wenn versucht worden wäre in größerem Maße, spirituelle Begriffe, spirituelle Vorstellungen in die Menschheit hineinzubringen. Wenn so etwas – da die Menschheit in der neueren Zeit auf Freiheit gestellt werden muß – aus dem freien Menschenwillen heraus unterlassen wird, so sinkt die Waagschale auf die andere Seite hinunter. Dann entlädt sich das, was auf spirituellem Wege hätte erreicht werden können, durch das Blut. Dann entlädt sich das auf eine, ich möchte sagen, überphysische Weise. Es ist nur das Gleichstellen der Waage, was wir in unserer katastrophalen Zeit erleben. Die Menschheit, die zurückgewiesen hat die Spiritualisierung, muß in die Spiritualisierung hineingezwungen werden. Das kann durch eine physische Katastrophe geschehen.»[9]
«Denn nachher ist nichts mehr zu erreichen auf demjenigen Wege, auf dem das in dem genannten Zeitraume erreichbar gewesen wäre. Nachher ist nur durch völliges Erwachen im geisteswissenschaftlichen Erleben etwas zu erreichen. So hängen die Dinge historisch in der neueren Geschichte zusammen.»[10]
«Es wäre eine Möglichkeit gewesen, wenn von dem Jahre 1840 ab bis 1914 — welche Zeit durch 1879 in zwei geteilt wird — versucht worden wäre, in einer sachgemäßen Weise vorzubereiten jene Spiritualisierung der Menschheit, welche durch den Erzengel Michael angestrebt wird; wenn versucht worden wäre in größerem Maße, spirituelle Begriffe, spirituelle Vorstellungen in die Menschheit hineinzubringen. Wenn so etwas – da die Menschheit in der neueren Zeit auf Freiheit gestellt werden muß – aus dem freien Menschenwillen heraus unterlassen wird, so sinkt die Waagschale auf die andere Seite hinunter. Dann entlädt sich das, was auf spirituellem Wege hätte erreicht werden können, durch das Blut. Dann entlädt sich das auf eine, ich möchte sagen, überphysische Weise. Es ist nur das Gleichstellen der Waage, was wir in unserer katastrophalen Zeit erleben. Die Menschheit, die zurückgewiesen hat die Spiritualisierung, muß in die Spiritualisierung hineingezwungen werden. Das kann durch eine physische Katastrophe geschehen.»[11]
Ein hypothetischer Geschichtsverlauf
Was aber wäre möglich gewesen, wenn sich, im Sinne von Rudolf Steiners Darstellung die Waagschale zur anderen Seite hätte neigen können, wenn es möglich geworden wäre, in diesem Zeitraum von 1840 bis 1870 (Kaspar Hauser wäre in dieser Zeit zwischen 28 und 58 Jahren alt gewesen) «in einer sachgemäßen Weise vorzubereiten jene Spiritualisierung der Menschheit, welche durch den Erzengel Michael angestrebt wird.» Was in diesem Sinne möglich geworden wäre, auch dies kann hier nur abrissartig dargestellt werden und auf die bereits erwähnten Ausführungen Karl Heyers verwiesen werden, der auch hier zu Wort kommen soll:
«Nehmen wir nun aber einmal an — im Sinne jener «Geschichte, die nicht geworden ist» —, Napoleon hätte seinen Auftrag nicht vergessen, sondern wie vorgesehen in dessen wahren Sinne gewirkt, dann hätte er aus spirituellen Impulsen eine Einigung Europas herbeigeführt. Er, der selbst ja ein Umfassenderes repräsentiert als nur Frankreich, hätte aber offenbar das, was als besondere, politisch formende sozialbildnerische Fähigkeiten und Kräfte im Franzosentum lebt, in den Dienst einer großen zeitgemäßen Zukunftsmission gestellt und so von dieser Seite her das neue Michaelzeitalter vorbereitet und damit zugleich das, was dessen soziale Auswirkung ist (d. h. die Dreigliederung des sozialen Organismus). Napoleon wäre, so können wir es vielleicht ausdrücken, ein wahrer «Vater Europas» geworden. An diese Wirksamkeit Napoleons hätte jene große Individualität, die sich 1812 in dem badischen Erbprinzen, Napoleon schicksalhaft so nahe, verkörperte, anknüpfen können, sie in voller Harmonie mit ihr weiterführen und ergänzen aus der Kraft des wahren mitteleuropäischen Geistes, aus der Kraft insbesondere des deutschen Geisteslebens heraus. So hätten dem mehr Politisch-Formhaften starke spirituelle Inhalte gegeben werden können und dem Ganzen eine Wendung in das Soziale, eben im Sinne eines Übergangs zu dem bevorstehenden Zeitalter, das 1879 einsetzen sollte.»
«Süddeutschland hätte werden sollen die neue Gralsburg der neuen Geistesstreiter und die Wiege künftiger Ereignisse. Wohlvorbereitet war der Geistesraum durch all jene Persönlichkeiten, die wir als Goethe, Schiller, Hölderlin, Herder und so weiter kennen. Kaspar Hauser sollte wie um sich herum sammeln alles, was da lebte in diesem so vorbereiteten Geistesraum.» (überliefert von Ludwig Polzer-Hoditz).
Karl-Julius Schröer
«Hätte er [Schröer] die Intellektualität erreicht und sie vereinigen können mit der Spiritualität des Plato: Anthroposophie wäre gekommen.»[12] Rudolf Steiner erkannte: «Es war nicht sein Schicksaal, es war Schröers Schicksal, die Goethesche naturwissenschaftliche Anschauung neu belebt dem ausklingenden 19. Jahrhundert zu vermitteln» und damit die «Umformung des naturwissenschaftlichen Denkens» auszuarbeiten.»[13]
«Schröer habe die Neubegründung des Goetheanismus über die wissenschaftlichen Bereiche hinaus bis zu künstlerischen Gestaltungen führen sollen, bis zu den Formen, wie sie dann später durch Rudolf Steiner in den Goetheanum-Bauten geschaffen worden sind!»[14] «Ich entschloss mich damals, Schröers Schicksal als mein eigenes zu leben unter Verzicht auf das Ausleben meines eigenen Schicksalsweges.»[15]
Rudolf Steiner 1923 über die Anthroposophische Gesellschaft
«Dieses Herunterkommen der Gesellschaft ist verknüpft mit dem Gang der Ereignisse, wie er sich in Stuttgart seit vier Jahren entwickelt hat. Er hat dazu geführt, daß die anthroposophische Gesellschaft so furchtbar heruntergekommen ist. Es überwiegt der Klatsch gegenüber dem Ernst. Es überwiegt die Trivialität gegenüber dem, was nach dieser Richtung sein sollte, nach der Richtung des Pietätvollen hin. Es wäre gut gewesen, wenn die Zeit, die jetzt verwendet worden ist zu Trivialitäten, wenn diese Zeit eben dazu verwendet worden wäre, daß diese furchtbare Lage der Gesellschaft mit einer etwas größeren Klarheit zur Sprache gebracht worden wäre. Die Anthroposophische Gesellschaft müßte eine Realität werden. Sie ist ein Schemen geworden, aber dieses Schemen ist wirklich ein sehr ahrimanisches Produkt. Die Anthroposophische Gesellschaft ist überall ahrimanisch durchlöchert.»[16]
In seltener Deutlichkeit und Schärfe benennt er die Probleme
«Es kann so nicht weitergehen»[17]
«Könnte nicht auch die Frage ein bißchen behandelt werden, woher es denn kommt, daß dieser Dreißigerausschuß so steril geworden ist, wo doch die gescheitesten Menschen Mitteleuropas beisammensitzen?[18]
«Diese Gesellschaft ist im Zerfall begriffen»[19]
«Wenn ich versuche, auf Leistungen hinzuweisen, so ist das für viele ein Grund, diese Leistungen fast totzutreten.»[20]
«Die Anthroposophische Gesellschaft hat sich zu einem argen Hemmschuh entwickelt. Da muß eine vollständige Umkehr stattfinden. » (S. 218) –
«Überall wurden die eigensinnigen oder die bequemen Wege gesucht, während dem alles, was von mir hervorgehoben wurde, durch die Finger geblasen worden ist,… » (S. 225) –
«Wo ich aber nichts zu sagen hatte, ist das System befolgt worden, Talente herauszuschmeißen. Talente sind oft höchst unbequeme Wesenheiten. [… ] In den letzten vier Jahren ist fortwährend Inzucht getrieben worden, mit Ausnahme derjenigen Menschen, die ich selbst berufen habe. » (S. 226) –
«Ich wundere mich nicht, wenn so etwas gar nicht gefühlt wird, [… ] daß alles Gefühl dafür verloren gegangen ist, was eigentlich mit der Anthroposophie gegeben werden soll. » (S. 299) –
«Meine lieben Freunde, ich habe oftmals … davon gesprochen, daß eine innere Opposition innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft vorhanden ist gegen dasjenige, was ich manchmal aus dem Zentrum der Anthroposophie heraus zu vertreten habe.»[21]
«Man wird alle meine Ratschläge so befolgen, daß man sie boykottiert. Warum ist das so? Die Anthroposophische Gesellschaft hat sich zu dem entwickelt, daß man sagen könnte: Es wird innere Opposition gemacht; [… ] Die Anthroposophische Gesellschaft hat es geschehen lassen, daß ein Kreis zu mir in offene Opposition getreten ist. [… ] Die Frage ist die: Will sich die Gesellschaft jetzt so einsetzen, daß mir nicht mehr ins Gesicht geschlagen wird durch die Anthroposophische Gesellschaft wie bisher?» (S. 250/251)
Aus Briefen, die Rudolf Steiner an Edith Maryon schrieb:
«… Für die Gesellschaft habe ich eigentlich nur zu sagen, dass ich am liebsten nichts mehr mit ihr zu tun haben möchte. Alles, was deren Vorstände tun, widert mich an.»[22]
«… Es schläft hier die A. G. weiter, man bringt sie zu keinem Erwachen.»[23]
«… in der Gesellschaft geht es ganz unglaublich schrecklich. Aus allen Ecken kommen die Unmöglichkeiten.»[24]
«… Sonst ging alles gut mit der allerdings gewichtigen Ausnahme, dass auch unsere Wiener Mitglieder schlafen.»[25]
»Es scheint eben doch alles auch in der anthrop. Ges. in das Chaos einzumünden. … die Ges. ist auch hier in einer gräulichen Verfassung, Uneinigkeit, Ungenügendheit usw.»[26]
Schon 1914/15 waren die nun kulminierenden Probleme sichtbar gewesen:
«Draussen wird von dem blinden Autoritätsgläubigkeit der Anthroposophen gefaselt. In Wirklichkeit ist es so, dass ich nur etwas zu sagen brauche und es geschieht das Gegenteil davon.»[27]
Rudolf Steiner erwog, sich zurückzuziehen
«Oft schon in der Nachkriegszeit» – berichtet Marie Steiner 1926 – «in manchem schweren Moment des Versagens gegenüber dem so häßlich geführten Kampf der Gegner, und der Lauheit ihrem zerstörenden Eifer gegenüber, hatte Rudolf Steiner sich so ausgesprochen: ‚Wer weiß, ob es nicht besser wäre, die Bewegung ohne Gesellschaft weiterzuführen. Für alle Fehler der Gesellschaft werde ich verantwortlich gemacht, und darunter leidet die Bewegung.‘»[28] Im April 1923 bei der Generalversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft in der Schweiz äußerte Rudolf Steiner, wenn es mit der Gesellschaft so weitergehe wie bisher und sie sich – neben der anthroposophischen Bewegung – nicht für sich selbst eine positive Aufgabe stellen könne, insbesondere nicht imstande sei, die Gegnerschaft wirksam abzuwehren, sondern ihm das überlasse, dann würde dies «als erstes» notwendig machen, «daß ich meine Tätigkeit für die Anthroposophische Gesellschaft einstellen müßte, mich zurückziehen müßte auf bloß persönliches Wirken.»[29]
«Er beklagte sich darüber, dass man nirgends zu verstehen scheine, was er überhaupt wolle und dass es vielleicht nötig sein würde, mit nur ganz wenigen Menschen innerhalb eines strengen Zusammenschluss weiter zu arbeiten. Auf die Wenigen, die bei diesem Gespräch anwesend warten, machte es einen fast schmerzlichen Eindruck. Man erlebte, ohne alles im Einzelnen durchschauen zu können, wie man an einen Punkt in der geistigen Menschheitsentwicklung gekommen war, wo frühere Gemeinschaftsformen nicht mehr fähig waren, spirituelle Inhalte zu tragen, wo nur ein völlig neuer Impuls ein Weitergehen ermöglichen kann.»[30]
Nach Aufzeichnungen Daniel van Bemmelens war es Ita Wegman, die Rudolf Steiner in dieser Situation in Den Haag widersprach und sich auf Gespräche mit ihm in Penmaenmawr oder kurze Zeit danach berief: Frau Wegman sagte dann: «Aber Herr Doktor, Sie können doch die Gesellschaft nicht im Stich lassen. Sie haben mir diesen Sommer erzählt, wie Sie die neue Gesellschaft aufzubauen gedenken unter Ihrer Führung.» Darauf stand Dr. Steiner auf, ging auf sie zu, nahm ihre Hände und sagte warm und innig: «Ja, Frau Doktor, wenn Sie mir helfen, dann werde ich es wagen.»[31]
Zur Gesellschaftssituation 1924 – im Vergleich zu 1914
«Und ich habe daran dann die Bemerkung geschlossen: hätten wir in Europa noch drei, vier Jahre Zeit gehabt, um in anthroposophischer Gesinnung in weiten Kreisen zu wirken, es hätte vieles anders werden können in der europäischen Welt. … über Europa [muss] sich eine geisteswissenschaftliche Welle ergießen muss, wenn es durchgreifend mit dem Leben in Europa besser werden soll. Und man kann schon die berechtigte Empfindung haben, dass wir 1914 weiter waren als wir vielleicht erst wiederum sein werden nach zwanzig oder dreißig Jahren von heute an.»[1]
[1] GA 260a, S. 483f.
Zusammengestellt: Thomas Heck, www.wtg-99.com, 24. Juli 2023
[1] GA 180, S. 80.
[2] GA 191, S. 114.
[3] GA 240, 1977, S. 161, Arnheim 18. Juli 1924.
[4] 174a, 1985, S. 230f.
[5] Rudolf Steiner im Vortrag vom 12. Oktober 1918 in Dornach, in GA 184.
[6] GA 93a, 1987, S. 73.
[7] GA 188, 1982, 90.
[8] GA 185, S. 93.
[9] 174a, 1985, S. 230f.
[10] GA 185, S. 95
[11] 174a, 1985, S. 230f.
[12] GA 238, 1991, S. 163
[13] Walter Johannes Stein / Rudolf Steiner, «Dokumentation eines wegweisenden Zusammenwirkens», Thomas Meyer Hrsg., Dornach 1985, S. 294ff.
[14] Jurgen von Grone: «Rudolf Steiner und Karl Julius Schröer» in Mitteilungen aus der Anthroposophischen Arbeit in Deutschland, Ostern 1961. Bericht aus einem Gespräch mit Walter Johannes Stein kurz vor dessen Tod.
[15] Walter Johannes Stein / Rudolf Steiner, «Dokumentation eines wegweisenden Zusammenwirkens», Thomas Meyer Hrsg., Dornach 1985, S. 295.
[16] GA 259, S:302.
[17] GA 259, S. 213.
[18] GA 259, S. 300.
[19] GA 259, S. 223.
[20] GA 259, S. 216.
[21] GA 259, S. 152.
[22] GA 263/1990, S. 117.
[23] GA 263, S. 121.
[24] GA 263, S. 126.
[25] GA 263, siehe oben, S. 163.
[26] GA 263, S. 165.
[27] Adelheid Petersen in Erinnerungen an Rudolf Steiner, Stuttgart, 2001, S. 189
[28] Vorwort zur 1. Auflage der Vorträge «Die karmischen Zusammenhänge der anthroposophischen Bewegung», 1926, Wieder abgedruckt in «Beiträge zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe», Nr. 23.
[29] Marie Steiner, Briefe und Dokumente, Dornach 1981
[30] Willem Zeylmans van Emmichoven: Entwickelung und Geisteskampf 1923 – 1939. Stuttgart 1935, S. 10f.
[31] Aus Emanuel Zeylmans van Emmichoven: Wer war Ita Wegman. Eine Dokumentation. Band 1, S. 264, hier zitiert nach Peter Selg, aaO.
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