Was in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft noch vorgeht

Antrag zur Bildung eines Weleda-Beirates der AAG

Wir bitten die Mitgliederversammlung um Zustimmung zur Einrichtung eines Weleda-Beirats der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft im Sinne des Dokuments “Vorschlag zur Bildung eines Weleda-Beirats der AAG”.

Der Antrag soll in zwei aufeinanderfolgenden Schritten behandelt werden:
1. Abstimmung über den Vorschlag laut oben genanntem Dokument im Grundsatz.
2. Abstimmung über die von der Initiativgruppe vorgeschlagene Besetzung als Gremium.

Die Initiativgruppe:
Reinhild Engelen, Herbert Holliger, Jonathan Neisecke, Frieder Sprich, Christina van Tellingen, Andreas Worel, Jan Ziolkowski

Vorschlag zur Bildung eines Weleda-Beirats
der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft

zuhanden der Mitgliedschaft

Hintergrund

Die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft (AAG) ist mit rund 22% Kapital- und 41% Stimmrechtsanteil neben der Klinik Arlesheim AG eine der beiden Hauptaktionärinnen der Weleda AG. Die heute im Besitz der AAG befindlichen Aktien der Weleda-Vorläuferin, der damaligen Internationalen Laboratorien AG (ILAG), wurden dem Verein des Goetheanum der freien Hochschule für Geisteswissenschaft („Bauverein”, am 8.2.1925 umbenannt in Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft) im März 1924 auf Bitten Rudolf Steiners von den innehabenden Mitgliedern als Schenkung übertragen. Seither sind Weleda AG und AAG durch das Aktionärsverhältnis finanziell und rechtlich miteinander verbunden.

Die Weleda AG ist in den frühen 1920er Jahren im Kontext der Wirtschaftsverbünde Futurum AG – Ökonomische Gesellschaft zur internationalen Förderung wirtschaftlicher und geistiger Werte (CH) und Der Kommende Tag – Aktiengesellschaft zur Förderung wirtschaftlicher und geistiger Werte (DE) entstanden. Die unternehmerische Tätigkeit war von Anfang an der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb einerseits von Arzneimitteln, andererseits von Körperpflegeprodukten i.S. einer durch die anthroposophische Geisteswissenschaft erweiterten Heilkunst und Gesundheitspflege gewidmet. In der Dreigliederungsbewegung wurzelnd, stand die Weleda AG außerdem im Zeichen der Arbeit für eine soziale Erneuerung, insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet.

Zu Lebzeiten Rudolf Steiners und Ita Wegmans war das Verhältnis zwischen AAG (zunächst Bauverein) und Weleda AG (damals ILAG) bezüglich der geistigen Orientierung durch eine „Kontrollstelle” sowie in finanzieller Hinsicht durch Lizenzverträge[1] geregelt. Bei der Kontrollstelle handelte es sich um eine erweiterte Revisionsstelle, die von Rudolf Steiner und Ita Wegman bekleidet wurde.[2]

In den letzten Jahrzehnten ist die Weleda AG als Unternehmen stark gewachsen, vorrangig durch Expansion im Bereich Naturkosmetik, wobei die Entwicklung immer wieder auch krisenhafte Phasen durchlief. Das Verhältnis zur AAG war seit 2013 durch eine regelmäßige Großspende geprägt, welche die früheren Lizenzverträge ersetzte und mit der die Weleda AG die Tätigkeit des Goetheanums unterstützte. Seit 2021 stellen sich Fragen hinsichtlich dieser Spendenpraxis[3]. Eine inhaltlich-spirituelle Verbindung zwischen AAG bzw. Goetheanum/Hochschule und Weleda AG – i.S. der ursprünglichen Kontrollstelle – besteht heute in institutionalisierter Form nicht.

Seitens der AAG-Mitgliedschaft wurde in den letzten ca. 20 Jahren wiederholt die Frage gestellt, inwieweit die Weleda AG sich noch in Konkordanz mit ihren Gründungsimpulsen entwickelt. Hierbei erschien die sukzessive Reduktion des Arzneimittelsortiments als ein möglicher Indikator der

Entwicklung. Die Reduktion hat vielfältige Hintergründe und Ursachen. Sie erweist sich insbesondere auch als durch externe Faktoren (gesetzliche Vorgaben, wirtschaftliches Umfeld usw.) mitbedingt. Zugleich stellt sich die Frage, welchen Stellenwert die anthroposophische Geisteswissenschaft als Grundlage der Unternehmenstätigkeit und -entwicklung heute hat, bzw. wie diese gestärkt und dadurch wesentlich zur Existenzsicherung der Arzneimittel beigetragen werden könnte. Eine Intensivierung der Verbindung zwischen dem Goetheanum als freier Hochschule für Geisteswissenschaft, die den Kern der Anthroposophischen Gesellschaft bildet, und der Weleda AG als einer ihrer wichtigsten „Tochterunternehmungen” könnte hierzu dienlich sein. Auf diese Weise ließe sich möglicherweise auch das soziale Klima zwischen AAG (bzw. deren Mitgliedschaft) und Weleda AG sukzessive verbessern und so eine intensivierte, wechselseitig fruchtbare Zusammenarbeit etablieren.

An dieser Stelle setzen die Bemühungen einer Gruppe von Mitgliedern an, die sich seit der Generalversammlung (GV) der AAG 2022 mit dieser Thematik befasst und in Zusammenarbeit mit dem Vorstand der AAG nach konstruktiven Verbesserungsmöglichkeiten in Bezug auf das Verhältnis zwischen AAG und Weleda AG sucht. Im Sinne dieser Bemühungen schlagen wir die Bildung eines Weleda-Beirats der AAG vor und möchten sie der Mitgliedschaft zur Beratung und Annahme im Rahmen der GV 2024 der AAG empfehlen. Zielsetzung, Bildungsvorgang, Tätigkeit des Beirats werden im Folgenden skizziert.

Weleda-Beirat der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft

Zielsetzung
  1. Unterstützung, Förderung, Stärkung von Bestand und Weiterentwicklung anthroposophischer Heilmittel und Körperpflegeprodukte.
  2. Vertrauensbildung zwischen Mitgliedschaft und Vorstand der AAG sowie Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Mitarbeiterschaft der Weleda AG.
  3. Aufbau und Pflege einer regelmäßigen Kommunikation zwischen Mitgliedschaft und Vorstand der AAG sowie Vertreterinnen der Weleda AG in Fragen, die die Weleda und ihr Verhältnis zur AAG betreffen.

Kompetenzen und Pflichten

  • Kenntnis der wirtschaftlichen, politisch-rechtlichen und wissenschaftlichen Situation des Unternehmens und seiner Beziehung zur Anthroposophie.
  • Entgegennahme und Bearbeitung von Fragen und Anliegen bzgl. der Weleda AG aus der Mitgliedschaft der AAG.
  • Regelmäßige Kommunikation mit dem Vorstand der AAG in Angelegenheiten, die die Weleda AG betreffen.
  • Pflege der Beziehung zwischen Aktionären und Mitarbeitenden, Bildung einer Schnittstelle zu den Organen der Weleda AG (Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, Mitarbeiterschaft).
  • Pflege eines Kontakts zur anthroposophischen Ärzteschaft (z.B. über die Medizinische Sektion) sowie zu Vertreterinnen der Klinik Arlesheim als zweiter Hauptaktionärin.
  • Regelmäßige Berichterstattung an die Mitgliedschaft, z.B. schriftlich in Anthroposophie weltweit (AWW), mündlich bei Generalversammlungen, themenbezogenen Mitgliederzusammenkünften.

– Mitwirkung an der Ausarbeitung eines Lösungsvorschlags bzgl. der sog. „Compliance-Problematik” (siehe Fußnote 3) sowie von weiteren Perspektiven für die Gestaltung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse zwischen Weleda AG und AAG.

Die Kompetenzen und Pflichten des Gremiums können bei Bedarf im weiteren Verlauf per Konsens der Beteiligten (Mitglieder des Beirats und Vorstand der AAG, ggf. in Rücksprache mit Vertreterinnen der Weleda AG) angepasst werden. Wenn sich erhebliche Änderungen der Kompetenzen und Pflichten als nötig erweisen, wird die Generalversammlung konsultiert.

Bildungsvorgang

Bis zur Generalversammlung 2024 der AAG stellt die initiierende Mitgliedergruppe ein arbeitsfähiges Gremium von etwa 7 bis 12 Mitgliedern der AAG auf, die zu einer verbindlichen Mitarbeit im Beirat fähig und motiviert sind. Die Auswahl erfolgt nach Eignungskriterien wie Fachkompetenz (z.B. in den Bereichen Anthroposophie, Pharmazie, Medizin, Recht, Wirtschaft, Dreigliederung des sozialen Organismus), sozialen Fähigkeiten, Bereitschaft zu verbindlichem, ehrenamtlichem Engagement. An einer Mitarbeit interessierte Mitglieder werden ausfindig gemacht durch a) gezielte persönlich Anfrage durch die initiierende Mitgliedergruppe, b) eigeninitiative Meldung, c) Empfehlung von Dritten. Die initiierende Mitgliedergruppe schlägt das Gremium möglichst einmütig und in Absprache mit dem Vorstand vor. Die Mitgliedschaft wird im Vorfeld der GV durch eine Mitteilung in AWW über das Vorhaben unterrichtet. Bei der GV wird die bis dahin gebildete Gruppe der Mitgliedschaft vorgestellt und diese um ihr Einverständnis gebeten, dass der Weleda-Beirat der AAG in der vorgeschlagenen Konstellation und im hier beschriebenen Sinne seine Tätigkeit aufnimmt. Eine personelle Ergänzung des Beirats kann ggf. im weiteren Verlauf noch erfolgen.

Die Mitarbeit im Beirat ist auf drei Jahre begrenzt, danach erfolgt eine Wiederbestätigung bzw. Nachbesetzung durch Beratung im Beirat und mit dem Vorstand sowie durch Konsultation der Generalversammlung zu den so zustande gekommenen Vorschlägen. Die Rekrutierung von Interessent:innen soll wiederum auf den o.g. drei Wegen erfolgen. Das jeweilige Vorstandsmitglied, welches aktuell die Aktionärsvertretung gegenüber der Weleda AG innehat, sollte dem Beirat von Amtes wegen angehören.

Arbeitsweise

Der Beirat legt seine Arbeitsweise in Gemäßheit der Zielsetzung und Aufgabenstellung selber fest.

Die initiierende Mitgliedergruppe:

Reinhild Engelen, Herbert Holliger, Jonathan Neisecke, Frieder Sprich, Christina van Tellingen, Justus Wittich, Andreas Worel, Jan Ziolkowski

Kontakt: beirataag@posteo.org

[1]    Siehe Rudolf Steiner und die Gründung der Weleda. Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 118/119, Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung, Dornach 1997, S. 206, 231f.

[2]    Ebd., S. 194.

[3]    Es wurden steuerrechtliche Bedenken geäußert, weil die AAG als Hauptaktionärin der Weleda AG zugleich Spendenempfängerin ist. Daher soll nach einer Möglichkeit gesucht werden, wie das Verhältnis zwischen AAG und Weleda AG künftig so gestaltet werden könnte, dass sowohl den rechtlichen Anforderungen genüge getan ist, als auch dem Anliegen aus der Mitgliedschaft, die Weleda AG organisatorisch-rechtlich nicht von der AAG zu trennen und somit deren Mitverantwortung zu entziehen. Vgl. die Mitteilung in AWW Nr. 6-2022, S. 3. Zur Vorgeschichte s. auch AWW Nr. 7/8-2021, S. 4f; Nr. 1/2-2022, S. 4; Nr. 12-2022, S. 3.

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