Was in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft noch vorgeht

Obwohl die diesjährige Mitgliederversammlung aufgrund der zu verhandelnden und abzustimmenden Themen durchaus bedeutsam für die Zukunftsfähigkeit und Wirksamkeit der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft sein wird, besteht im Moment der Eindruck, das nur mit einer geringen Teilnahme gerechnet werden kann. Für uns zeigt sich dies vor allem an dem unerwartet geringen Interesse an den angebotenen Vorbereitungsmöglichkeiten (an die hier erinnert werden soll). Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die sich bereits in dem rückläufigen Interesse an den Mitgliederforen gezeigt hat – sowohl vor Ort, vor allem aber online.

Ist die Resignation über die problematischen Verhältnisse in unserer Gesellschaft bereits so weit fortgeschritten, dass kaum noch Hoffnung auf Veränderung besteht? Es gibt gewiss berechtigte Gründe für eine derartige Haltung – und dies zeigt sich ja auch in der hohen Zahl der Austritte[1] (dabei handelt sich keineswegs nur um Vermutungen, die Ergebnisse unserer Umfragen sprechen eine eindeutige Sprache).

Allerdings sollte nicht übersehen werden, dass in jeder Art von Gemeinwesen die bestehenden Verhältnisse davon abhängig sind, inwieweit sie von denen getragen oder geduldet werden, die das Gemeinwesen bilden. Denn letztlich liegt die eigentliche Verantwortung für die Verhältnisse bei der Zivilbevölkerung, in unserem Gemeinwesen «Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft» bei der Mitgliedschaft! Die wesentlichen Zukunftsentscheidungen können nur von denjenigen getroffen werden, die sich einbringen und an den entsprechenden Versammlungen teilnehmen. Wer sich nicht beteiligt – sei es durch Enthaltung oder Nicht-Teilnahme – stützt letztlich die bestehenden Verhältnisse, auch wenn dies nicht gewollt ist.

So wäre eine breite Beteiligung an der Mitgliederversammlung wünschenswert, damit die zu treffenden Entscheidungen eine genügend grosse Grundlage haben – ganz gleich, was bzw. wie entschieden wird.

Der Einwand, es sei doch nur eine kleine Minderheit, die die Entscheidungen für die ganze Gesellschaft trifft, entkräftet sich inzwischen selber, denn die Weltgesellschaft hat heute die Möglichkeit, bequem vom Wohnzimmer aus teilzunehmen und kann auch mitabstimmen. Müssten nicht von den 42.000 Mitgliedern eher tausende als hunderte online teilnehmen? Das war sicher erwartet worden, stattdessen waren es zwischen 150 und 300, die das Geschehen live angeschaut haben.

Dass online nur fakultativ abgestimmt werden (aus rechtlichen Gründen), mag man beklagen. Aber wer beklagt es denn? Es klagt vor allem die Minderheit derer, die die Gesellschaft leiten bzw. diesen nahestehen! Es sind eben nicht die über 40.000 Mitglieder, die nicht teilnehmen, von diesen ist nichts zu sehen und zu hören – und vermutlich werden diese nicht einmal mehr von der Leitung erreicht.

Man stelle sich doch einmal vor, dass z.B. 2.000 Online-Teilnehmer an einer Mitgliederversammlung gänzlich anders abstimmen würden als z.B. 400 Teilnehmer im Saal. Damit würde reales Leben in der Gesellschaft sichtbar, das könnte und sollte zu regem weltweitem Austausch führen und würde in jedem Fall deutliche Wirkungen erzeugen. Ich persönlich glaube nicht, dass dann das Minderheitenvotum, welches rechtlich gültig wäre, einfach durchgesetzt würde. Ich persönlich würde das Eintreten einer solchen Situation auf jeden Fall positiv werten und es wären dann Wege zu suchen, wie damit angemessen umgegangen werden könnte.

Allerdings sieht es im Moment nicht danach aus, dass dies eintreten kann. Und so haben wir eben die Situation, dass trotz bestehender Möglichkeiten sich nicht mehr Mitglieder für die Gesellschaftsangelegenheiten interessieren und engagieren. Das ist einfach eine Tatsache, die hinzunehmen ist.

Peter Selg stellte 2018 (nach der Nichtbestätigung von Paul Mackay und Bodo von Plato) fest:

«Die Mitglieder sind urteilsfähig, zumindest diejenigen, die die Entwicklung des Goetheanum und der Vorstandsarbeit intensiv verfolgen; man braucht auf die Menschen nicht einzureden und sie von diesem oder jenem zu überzeugen versuchen. Man sollte vielmehr «in Ruhe abwarten, was die Mitglieder selber wollen» (Ita Wegman), nachdem man sie hinreichend informiert hat.»

Insofern ist es vollkommen legitim, dass diejenigen, die an der Mitgliederversammlung teilnehmen, auch diejenigen sind, die über die zur Abstimmung stehenden Fragestellungen entscheiden.

Thomas Heck, 16. April 2024

[1] https://wtg-99.com/documents/Rundbrief_63.pdf#page=4

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