Was in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft noch vorgeht

Zitate zur Dreigliederung

Zum Scheitern der Dreigliederungsbemühungen 1923

«Man möchte sagen, als von dem Dreigliederungsimpuls im sozialen Leben gesprochen worden ist, da war das gewissermaßen eine Prüfung, ob der Michael-Gedanke schon so stark ist, dass gefühlt werden kann, wie ein solcher Impuls unmittelbar aus den zeitgestaltenden Kräften herausquillt. Es war eine Prüfung der Menschenseele, ob der Michael-Gedanke in einer Anzahl von Menschen stark genug ist. Nun, die Prüfung hat ein negatives Resultat ergeben. Der Michael-Gedanke ist noch nicht stark genug in auch nur einer kleinen Anzahl von Menschen, um wirklich in seiner ganzen zeitgestaltenden Kraft und Kräftigkeit empfunden zu werden.» GA 223, 1990, S. 50f., Dornach 1923.

Bereits ein Jahr zuvor:

«Denn der Zeitpunkt, wo man das, was in den ‹Kernpunkten der sozialen Frage› steht, realisieren sollte, der ist vorüber für Mitteleuropa.» (GA 305, 1991, S. 205, Oxford 1922)

Zu Schülern der Waldorfschule Uhlandshöhe sagte er:

«Die Dreigliederung im Sozialen ist nicht daran gescheitert, dass die Idee falsch war, sondern , weil ihre Vertreter sie nicht verstanden haben. Und ich hoffe, dass aus Ihren Reihen , den Waldorfschülern, diejenigen hervorgehen, die das richtige Verständnis entwickeln.» (Aus Koberwitz 1924, Verlag Hilfswerk Elisabeth 1974, Bericht von Karin Ruths-Hoffman, S. 119.)

Man braucht nicht Jahrzehnte oder Jahrhunderte …

«Wir müssen den Leuten auch die Phrasen nehmen, die etwa in der folgenden Weise immer wieder ausgesprochen werden: Ja, das mag ja alles sehr schön sein mit der Dreigliederung, aber um so etwas einzuführen, dazu bedarf man nicht nur Jahrzehnte, sondern vielleicht Jahrhunderte. – Es ist ein Einwand, der vielfach gemacht wird. Es gibt aber keinen unsinnigeren Einwand als diesen. Denn was in der Menschheit entstehen soll, namentlich an sozialen Einrichtungen, das hängt ja davon ab, was die Menschen wollen und welche Kraft und welchen Mut sie in ihr Wollen hineinlegen. Und was selbstverständlich bei Lässigkeit und Trägheit Jahrhunderte dauern kann, das kann bei Anwendung aktiver Kräfte die allerkürzeste Zeit dauern. Aber dazu ist eben notwendig, dass wir in immer mehr und mehr Köpfe hineinbringen, was von unserer Geisteswissenschaft kommen und sich durch das Anschauen unserer übrigen Einrichtungen ergeben kann. Vergessen Sie auch nicht, auf solche Dinge hinzuweisen, wie sie jetzt hier in Stuttgart entstehen sollen etwa in dem Medizinisch-Therapeutischen Institut. Denn es ist einmal so, dass vielleicht gerade von solchen Einrichtungen aus die Menschen das Fruchtbare der Geisteswissenschaft, für den ersten Anhub wenigstens, am besten verstehen lernen.» (GA 338, 2019, S. 141)

Aber man muss die Gedanken der Zeit anpassen:

«Die Zeit ist eine Realität. Allein, es ist schwer, Verständnis hervorzurufen für die Zeit als Realität. Es gibt heute noch Leute, die mit denselben Sätzen die Dreigliederung des sozialen Organismus vertreten, wie ich sie vertreten habe aus den Zeitverhältnissen heraus 1919. Ja, die Geschichte schreitet jetzt so schnell vor, daß es einem eigentlich vorkommt: Wenn heute einer die Dinge in derselben Weise vertritt, mit der man sie 1919 vertreten hat, man da um Jahrhunderte zurückgeblieben ist.» (31. Dezember 1923, GA 260, S. 219)

Die Dreigliederung stammt aus dem 19. Jahrhundert!

«Und es ist ja heute wirklich schwierig, über die Dreigliederung zu sprechen, weil sie in einem Surrogat nur durchgeführt werden kann. Denn das politische Leben ist ja dasjenige, was heute auch im Großen das wirtschaftliche Leben ruiniert. Der Krieg hat uns das Wirtschaftsleben zwar auch ruiniert, aber man darf eigentlich sagen: Noch mehr, noch viel hoffnungsloser hat uns der Friede dieses wirtschaftliche Leben ruiniert. Es ist also heute sehr schwierig, über diese Dinge zu sprechen, allein ich möchte doch darauf aufmerksam machen, dass wir auch wirtschaftliche Fragen heute nicht in der entsprechenden Weise werden lösen können, wenn wir uns nicht an die Lösung, soweit sie relativ möglich ist, der großen, sozialen Fragen als solche machen. Sie mögen denken über die Dreigliederung des sozialen Organismus, zunächst indem sie wie eine Art Postulat auftritt, wie Sie wollen; aber über das eine könnte man eigentlich besonders innerhalb des Deutschen Reiches nicht im Unklaren sein, wenn man die Tatsache beobachtet, dass diese Dreigliederung des sozialen Organismus sich eigentlich im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herausgebildet hat, dass sie schon da ist, diese Dreigliederung, auf gewissen Gebieten, dass sie aber nur in zerstörerischem Sinne da ist, nicht im aufbauenden Sinn. Und da gestatten Sie mir, dass ich ganz kurz auf Dinge eingehe, die scheinbar dem Wirtschaftsleben ferneliegen, die aber doch für den, der die Dinge durchschaut, innig mit ihm zusammenhängen.» (332b, 2020, S. 342)

Um Jahrhunderte zu spät!

Die Zeit ist eine Realität. Allein, es ist schwer, Verständnis hervorzurufen für die Zeit als Realität. Es gibt heute noch Leute, die mit denselben Sätzen die Dreigliederung des sozialen Organismus vertreten, wie ich sie vertreten habe aus den Zeitverhältnissen heraus 1919. Ja, die Geschichte schreitet jetzt so schnell vor, daß es einem eigentlich vorkommt: Wenn heute einer die Dinge in derselben Weise vertritt, mit der man sie 1919 vertreten hat, man da um Jahrhunderte zurückgeblieben ist.» (GA 260, S. 219)

Dreigliederung und Anthroposophie

«Ohne die [anthroposophische Geisteswissenschaft] kommen wir ja [mit der Dreigliederung] nicht weiter, denn das eine bedingt das andere. Eine Dreigliederung mit einem ausgesprochen freien Geistesleben ist nur denkbar aus den anthroposophischen Voraussetzungen heraus. Also, wie das Geistesleben niemals frei werden kann ohne die Dreigliederung, so würde die Dreigliederung leer bleiben ohne die Befruchtung durch die Anthroposophie. Das müssen wir immer geltend machen. Daher dürfen wir nicht sparen, die Anthroposophie ebenso tapfer zu verteidigen wie die Dreigliederung. Wir müssen vollauf auf anthroposophischem Boden stehen und alles zur Geltung bringen, um sie zur Geltung zu bringen. Es gibt unter uns Leute, die sagen: Anthroposophie ist tot, Dreigliederung lebt! Ja, das ist mir vielfach entgegengebracht worden. Das, glaube ich, ist das aller Unbegründetste, was es geben kann. Die Dreigliederung schwebt in der Luft ohne die Anthroposophie. (Aus einer Fragenbeantwortung, 2. Jan. 1921, GA 338, S. 255.)

Rudolf Steiner zur Weltherrschaft

Und dieses anglo-amerikanische Wesen ist durch die Kräfte, die ich ja auch hier öfter charakterisiert habe, zur künftigen Weltherrschaft bestimmt. (S. 213) …

Erstens haben Sie überall mehr als sonstwo auf der Erde im anglo-amerikanischen Geistesleben die sogenannten Geheimgesellschaften, die ziemlich starken Einfluß haben, viel mehr als die Leute wissen. Sie sind durchaus die Bewahrer alten Geisteslebens, und sie sind stolz darauf, die Bewahrer ägyptischen oder orientalischen Geisteslebens zu sein, das ganz und gar filtriert, bis ins Symbol verflüchtigt ist; bis ins Symbol, das man nicht mehr versteht, verflüchtigt ist, aber bei den Oberen eine gewisse große Macht hat. (S. 229) …

Und ein Wirtschaftsleben wie das anglo-amerikanische, das in die Weltherrschaft ausmünden sollte: wenn es sich nicht bequemt, sich durchdringen zu lassen von dem selbständigen Geistesleben und selbständigen Staatsleben, mündet ein in den dritten der Abgründe des Menschenlebens, in den dritten jener drei. Der erste Abgrund ist die Lüge, die Entartung der Menschheit durch Ahriman. Der zweite ist die Selbstsucht, die Entartung der Menschheit durch Luzifer. Der dritte ist auf physischem Gebiete Krankheit und Tod, auf Kulturgebieten: Kulturkrankheit, Kulturtod.

Die anglo-amerikanische Welt mag die Weltherrschaft erringen: ohne die Dreigliederung wird sie durch diese Weltherrschaft über die Welt den Kulturtod und die Kulturkrankheit ergießen, denn diese sind ebenso eine Gabe der Asuras, wie die Lüge eine Gabe des Ahriman, wie die Selbstsucht eine Gabe des Luzifer ist. So ist das dritte, sich würdig den anderen an die Seite Stellende, eine Gabe der asurischen Mächte! (GA 194, S. 235f)

Mitteleuropa – Dreigliederung oder Tod des Volkstums

Für Mitteleuropa stehen die Dinge so, daß es sich handelt um Leben und Tod, um Leben und Tod des Volkstums. … Und das Leben kann wahrhaftig … auf keine andere Weise gerettet werden als durch die Inaugurierung der Dreigliederung des sozialen Organismus. Da handelt es sich zunächst – und wirklich zunächst für die allernächste Zeit – um ein Entweder-Oder: um ein Verständnis der Dreigliederung oder um den Tod des Volkstums. (GA 191, 1989, S. 15)

Herrschen muß heute das Volk, eine Regierung darf nur regieren

«Sehen Sie, der Herr Vorredner hat zum Beispiel gesagt, daß eine kleine Kaste die Menschen in den Weltkrieg hineingetrieben hat. Nun, es wird durch mich in den nächsten Tagen eine kleine Broschüre über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges erscheinen, in der gezeigt werden wird, wie klein die Zahl derer war, die zum Beispiel von deutscher Seite her die Sache betrieben haben. [Die Broschüre konnte leider nicht verbreitet werden, weil der Inhalt zu früh bekannt wurde.] Diese kleine Gruppe hat in ihrer Art ganz aus den Verhältnissen aus grauer Urzeit heraus gewirkt. Da sind einfach die alten Verhältnisse in die Gegenwart hineingetragen worden. Damit der Gesinnung nach, nicht mit den technischen Mitteln, in Berlin so regiert werden konnte, wie regiert worden ist, hätte es zum Beispiel gar keiner Buchdruckkunst bedurft, durch die die Bildung und Urteilsfähigkeit in die breitesten Massen hineingetragen worden ist. Aber ist dann nicht wirklich durch diese Weltkriegskatastrophe das in den Abgrund gesunken, was einfach immer nur so weiter fortgewirtschaftet hat?

Wir stehen heute auf einem anderen Boden, und heute sind eben die Menschen nicht so, daß sie sich von kleinen Gruppen dasjenige diktieren lassen wollen, was sie zu tun haben, und daß sie bloß eine kleine Gruppe gegen eine andere kleine Gruppe austauschen wollen. Heute will schon ein jeder mittun. Heute ist die Zeit, in der man lernen muß den Unterschied zwischen herrschen und regieren. Es scheint ja allerdings so, als ob dieser Unterschied noch nicht gründlich genug erkannt worden ist. Herrschen muß heute das Volk, eine Regierung darf nur regieren. Das ist es, worauf es ankommt. Und damit ist auch gegeben, daß in einem gesunden Sinne heute die Demokratie notwendig ist. Deshalb habe ich auch keine Hoffnung, daß man mit den schönsten Ideen etwas erreichen kann, wenn man sie durch kleine Gruppen verwirklichen will und wenn man nicht getragen wird von der Erkenntnis und Einsicht der wirklichen Majorität der Bevölkerung. Die wichtigste Aufgabe heute ist, die große Mehrheit der Bevölkerung für das zu gewinnen, was man als Möglichkeit zur Veränderung erkannt hat. So stehen wir heute vor der Notwendigkeit, für das, was zuletzt wirklich an wahrer Sozialisierung erreicht werden wird, in demokratischer Weise die Mehrheit der Bevölkerung zu haben.

Es könnte natürlich Übergangszeiten geben, in denen eine kleine Gruppe irgend etwas verwirklichen würde, was von der Mehrheit nicht erkannt wird. Aber das würde doch nur von kurzer Dauer sein. Gerade in diesem Punkt muß man sich klar darüber werden, daß sogar heute bereits die Zeit da ist, in der durch die Demokratisierung die Menschen als Gleiche zu betrachten sind, und deshalb müssen wir den Boden schaffen, auf dem alle Menschen in ihrem Urteil gleich sein können, den wir loslösen von dem, worin die Menschen nicht gleich sein können in ihrem Urteil.» (GA 331, S. 68f.)


Ob wir wollen oder nicht, diese Dreigliederung vollzieht sich!

Sehen Sie, ich würde Sie nicht behelligen mit irgendeinem Einfall über eine Dreiteilung, wenn diese drei Teile nicht veranlagt wären in der Wirklichkeit des sozialen Organismus. Daß diese Dreigliederung geschehen will, das ist etwas, was nicht von uns abhängt, das können wir nicht ändern, das macht sich selber. Ich hatte wirklich, ich muß noch einmal darauf zurückkommen, in dieser schweren Zeit Gelegenheit, mit manchem Menschen zu sprechen, von dem ich glaubte, er solle irgend etwas von den Stellen aus tun, die heute so sehr die autoritativen sind – es war vor zweieinhalb Jahren schon, es wäre noch die Möglichkeit gewesen, etwas zu tun -, und sagte manchem: Sehen Sie, das, was hier ausgesprochen wird, ist nicht eine einfache Sache. Es ist entstanden durch eine durch Jahrzehnte hindurch gehende Beobachtung dessen, was sich über Europa hin im Laufe der nächsten zehn, zwanzig, dreißig Jahre verwirklichen will. Wer nämlich den Gang der Ereignisse betrachtet – und anders kann man gar nicht zum Verständnis der sozialen Dreigliederung kommen, als aus dem ganzen Gegenwärtigen auch die Entwickelungsmöglichkeiten für die Zukunft zu erkennen -, der sieht, daß, ob wir wollen oder nicht, diese Dreigliederung sich vollzieht. Sie hat sich in früheren Zeiten instinktiv ergeben; immer mehr und mehr hat sich in der neueren Zeit eine Konfundierung, eine Zusammenschmelzung der drei Teile ergeben. Jetzt wollen diese drei Teile wieder in der ihnen entsprechenden Weise auseinandergehen, zu ihrer Selbständigkeit kommen. – Und ich sagte das manchem mit dem drastischen Wort: Sehen Sie, derjenige, der jetzt am Ruder ist, könnte manches nach dieser Richtung noch mit Vernunft tun; die Menschen haben die Wahl – auch schon Goethe hat mit Bezug auf die Revolution gesagt: Entweder Evolution oder Revolution -, sie haben die Wahl, entweder jetzt durch Vernunft das zu tun, oder sie werden Revolutionen und Kataklysmen erleben. Nicht nur diejenigen, die bisher am Ruder waren, werden die Kataklysmen erleben, sondern auch diejenigen, die an den Dogmen des Sozialismus bloß festhalten wollen, werden die Kataklysmen erleben. Es handelt sich darum, daß diese Dreigliederung des sozialen Organismus sich selber vollzieht. Und Sie können ja auch sehen: Dasjenige, was natürlich ist, das tritt immer unter gewissen außerordentlichen Verhältnissen in gewissen Einseitigkeiten der Entwickelung auf; diese drei Glieder wollen sich immer mehr verselbständigen. Und sie verselbständigen sich in einer unnatürlichen Weise, wenn man ihnen nicht ihre natürliche Selbständigkeit gibt, wenn man sie konfundiert, wenn man sie zusammenwirft; sie entwickeln sich in einer die Menschheit aufhaltenden Weise. Die geistige Macht, die geistige Organisation entwickelt sich, sei es als Kirchenstaat oder Staatskirche oder was immer, verselbständigt sich, und wenn sie auch nicht das Ganze des Geisteslebens umfassen kann, so sucht sie doch so viel zu erhaschen, als sie erhaschen kann. Das andere, das Rechtsleben nimmt der Staat in Anspruch, macht wiederum dem Staate dienstbar das, was sich zu verselbständigen suchen wird. Was im politischen Leben in unnatürlicher Weise sich verwirklichen will, das ist alles das, was heute der viel verpönte Militarismus ist. Denn sehen Sie, über diesen Militarismus und sein einseitiges Verhältnis zum Staatsleben hat sich gerade während des Krieges manche Meinung in gesunder Weise geäußert. Aber wenn man diesen Meinungen mit gesundem Menschenverstand auf den Grund geht, dann merkt man auch, daß der Militarismus nichts anderes ist, als die einseitige Verwirklichung dessen, dem man seine natürliche Selbständigkeit nicht geben will, des politischen Lebens wiederum. (GA 329, S. 51f.)